Ein in Kontich bei Antwerpen gelegenes, von Schwestern des Ordens zum Heiligen Herzen von Jesus und Maria geführtes Kloster wird im Sommer 1942 zum Versteck von acht jüdischen Mädchen. Die zwischen zwei und sieben Jahre alten Mädchen sind Kinder aus nach Belgien eingewanderten Familien, die 1942, von keiner belgischen Behörde mehr geschützt, zur Deportation und Ermordung bestimmt waren. Die Überlebensgeschichte dieser Mädchen bleibt lückenhaft, da sie unweigerlich mit den Daten der vielen Nicht-Geretteten verflochten ist und der Holocaust – das wissen wir seit Primo Levi – als Versuch eines umfassenden Memorizids und damit als ein Ereignis ohne Zeugen geplant war. 

Der Vortrag von Mona Körte im Rahmen des Holocaust Erinnerungstags folgt den Spuren der eigenen Mutter, deren Erzählungen als ehemals verstecktes Kind auf einer in die Katastrophe verwickelten Erinnerung beruhen. In der ungesicherten Rekonstruktion eines eigentlich verbotenen Lebens wird die Sprache zur Mutter der Erinnerung. 


Mona Körte ist Professorin für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft und europäisch-jüdische Literatur an der Universität Bielefeld. Zuvor lehrte sie an verschiedenen Universitäten in den USA, Österreich und Deutschland: 2010 war sie Kurt-David-Brühl-Gastprofessorin am Centrum für Jüdische Studien der Universität Graz, 2015 lehrte sie als Max Kade Distinguished Visiting Professor am German Department der University of Virginia in Charlottesville/USA. Von 2016 bis 2018 leitete sie den Forschungsbereich "Weltliteratur" am Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin. Sie arbeitet im Schnittfeld von Literatur und Zeugenschaft, jüngst hat sie veröffentlicht zum Drama der Rede in Dante Alighieris Commedia, zu retrogradem Erzählen und zum Pass als pars pro toto der Person.

Zeit: 13. Februar 2024, 19:00 Uhr

Ort:  Prentenkabinet Hof van Liere, Prinsstraat 13a, 2000 Antwerpen

Die Teilnahme ist gratis. Eine Anmeldung ist nicht nötig. 

​Bei dieser Veranstaltung kooperieren wir mit der Faculteit Letteren en Wijsbegeerte und dem Institut für Jüdische Studien, es ist der gemeinsame fakultäre Beitrag zum Holocaust Remembrance Day 2024.